Ab Anfang der 1970er-Jahre beginnen Frauen – Studentinnen und Dozentinnen – damit, die Geschichte des Ausschlusses der Frauen aus der Wissenschaft aufzuarbeiten. Sie fordern, dass sowohl die Forschung über Frauen als auch die Forschung von Frauen einen Raum in der Wissenschaft bekommen.
Denn diese ist extrem männerdominiert, weshalb die Forschung über Frauen und ihre Lebensrealität in nahezu allen Disziplinen unzureichend oder patriarchalisch verzerrt ist. Bald werden die ersten Lehrstühle für Frauenforschung eingerichtet, die Zahl der Doktorandinnen und Professorinnen steigt ebenfalls langsam, aber kontinuierlich. Parallel institutionalisieren sich Frauenforschung und Frauenstudien. Die sich in den 1980er-Jahren etablierenden Gender Studies wenden sich teilweise von der ursprünglichen feministischen Ausrichtung der Frauenforschung ab und fokussieren sich auf die Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit, was zu einer Aufgabe der politischen Kategorie ‚Frauen‘ führt.
1974
Die ersten ‚Frauenseminare‘ werden gehalten. Die Universitäten Berlin, Münster, Frankfurt, München und Aachen machen den Anfang. Die Impulse dazu kommen von Studentinnen aus den Frauenzentren. Alice Schwarzer übernimmt 1974/75 einen Lehrauftrag bei den Soziologen an der Universität Münster und macht ein erstes Frauenseminar zum Thema Sexualität.
1975
An der Hochschule Saarbrücken gründen Studentinnen das erste Autonome Frauenreferat. In den nächsten Jahren folgen weitere Frauenreferate an mehr als zwanzig Hochschulen. Im Jahr 1984 existiert an etwa jeder dritten Hochschule ein Frauenreferat.
1976
Christina Thürmer-Rohr, Professorin am Institut für Sozialpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Berlin, gründet den Studienschwerpunkt Frauenforschung. Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind: feministische Theorie, Menschenrechte und Dialog/didaktisches Denken.
In dem Münchner Verlag Frauenoffensive erscheint eine Bibliografie zu etwa hundert unveröffentlichten, frauenspezifischen Diplom-, Magister- und Seminararbeiten, Dissertationen und Referaten.1
Juni 1976
Eine Berliner Gruppe von zwölf Dozentinnen organisiert die erste Sommeruniversität für Frauen an der Freien Universität. An fünf Tagen kommen rund sechshundert Frauen aus Wissenschaft und Frauenbewegung zusammen.2 Das ist der Auftakt für weitere Sommeruniversitäten, bei denen zentrale Themen der Neuen Frauenbewegung diskutiert werden und die Vorreiterinnen für die spätere Internationale Frauenuniversität (ifu) sind. In der Folgezeit gründen sich an den Universitäten eine Vielzahl von Selbsterfahrungsgruppen, Frauenseminaren, Frauenringvorlesungen, Sommeruniversitäten, Kongressen, Tagungen und Kolloquien.Ebenfalls im Juni findet in Aachen das erste Nationale Treffen von Frauen aus Naturwissenschaft und Technik mit sechzig Teilnehmerinnen statt.
Das zentrale Thema ist die Diskriminierung von Frauen in Naturwissenschaft und Technik3, wobei hier nicht nur Studentinnen und Wissenschaftlerinnen an den Universitäten angesprochen sind, sondern auch Ingenieurinnen oder Physikerinnen, die in Unternehmen tätig sind. Die Naturwissenschaftlerinnen und Technikerinnen vernetzen sich und gründen 1988 den Verein Frauen in Naturwissenschaft und Technik NUT e.V. (FiNuT). Ein Ziel von FiNuT ist es, den Anteil von Professorinnen und Studentinnen in den naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen der Universitäten zu erhöhen.
Oktober 1978
In Berlin wird das Frauenforschungs-, Bildungs- und Informationszentrum (FFBIZ) gegründet (siehe Dossier Frauenprojekte). Dem vorangegangen ist eine Debatte über die Autonomie oder Institutionalisierung von wissenschaftskritischer Frauenforschung. Barbara Duden und Irene Stöhr formulierten in der Courage die Vision eines autonomen Frauenbildungs- und Forschungszentrums.4
24.-26. November 1978
Der Verein Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen veranstaltet in Köln den Kongress Feministische Theorie und Praxis in sozialen und pädagogischen Berufsfeldern.5 Der Verein hatte sich im Februar 1978 in Darmstadt gegründet. Erklärtes Ziel ist die Durchsetzung eines emanzipatorischen Verständnisses von Frauenforschung: die Aufhebung der Trennung zwischen Theorie und Praxis, zwischen Wissenschaftlerinnen und anderen Frauen; die Bekämpfung von frauendiskriminierenden Tendenzen in der Wissenschaft; die Durchsetzung feministischer Forschungs- und Lehrprojekte.
Der erste Band der Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis erscheint. Die rund 150-seitigen Aufsatzsammlungen zu je einem Schwerpunktthema werden herausgegeben vom Kölner Verein Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen und erscheinen zunächst im Verlag Frauenoffensive, später im Selbstverlag.
Maria Mies, Professorin an der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Köln, veröffentlicht im ersten Band der Beiträge den Aufsatz Methodische Postulate zur Frauenforschung – dargestellt am Beispiel der Gewalt gegen Frauen.6 Sie plädiert darin u.a. für die Parteilichkeit feministischer Frauenforschung und sieht die Wissenschaftlerinnen nicht nur als Forschende, sondern gleichzeitig Betroffene. Sie fordert eine Abkehr von der bisherigen ,neutralen‘ Wissenschaft, stattdessen soll die Veränderung des Status Quo als Ausgangspunkt wissenschaftlicher Erkenntnis angesehen werden. Diese Postulate, die Mies aus ihren Erfahrungen mit der Gründung des Kölner Frauenhauses (siehe Dossier Frauenhäuser) entwickelt hatte, gelten als Ausgangspunkt für Debatten um die Methoden der Frauenforschung in Deutschland.7
20.-24. März 1979
Über fünftausend Frauen kommen zum 1. Frauenforum im Revier in die Pädagogische Hochschule Dortmund. Motto: Frauen begreifen ihren Alltag. Organisiert wird die Frauenbildungs-Veranstaltung mit Filmen, Vorträgen und Kursen von einer Gruppe Dozentinnen, darunter der Pädagogik-Professorin Sigrid Metz-Göckel, und Studentinnen der Universität Dortmund. Die Initiatorinnen wollen vor allem „Hausfrauen, Mütter und ältere Frauen“ ansprechen, was ihnen gelingt: Neunzig Prozent der Teilnehmerinnen sind keine Akademikerinnen. Aus dem Frauenforum im Revier, dem weitere folgen, werden an der Universität Dortmund zwei Jahre später die Frauenstudien entstehen: Ein Studiengang mit frauenspezifischen Inhalten für Nichtakademikerinnen, Frauen nach der ‚Familienphase‘ und andere Frauen, die mit dem „Du heiratest ja sowieso“-Argument von Bildung ferngehalten wurden. In den folgenden Jahren werden an weiteren Universitäten ‚Frauenstudien’ etabliert.
19. April 1979
In der Deutschen Gesellschaft Soziologie (DGS) wird auf Initiative der DGS-Gruppe München um Lerke Gravenhorst und Ilona Kickbusch die Sektion Frauenforschung in den Sozialwissenschaften gegründet. Die Sektion „sieht es als ihre Aufgabe an, Frauenforschung im Zusammenhang existierender Wissenschaftsstrukturen zu entwickeln.“8
22.-24. Februar 1980
An der Pädagogischen Hochschule Dortmund findet die Tagung Frauen in den Sozialwissenschaften statt. Wissenschaftlerinnen aus dem ganzen Bundesgebiet diskutieren Ergebnisse der Frauenforschung und stellen erste Erfolge, aber auch Schwierigkeiten bei der institutionellen Verankerung von Frauenforschung an den Universitäten dar. Die Teilnehmerinnen fordern feste Planstellen für die Frauenforschung.
16.-18. April 1980
In Berlin veranstaltet der Berliner Wissenschaftssenator Glotz an der Freien Universität einen dreitägigen internationalen Kongress zum Thema Ziele, Inhalte und Institutionalisierung von Frauenstudien und Frauenforschung. An dem Kongress nehmen zweihundertfünfzig Frauen aus Berlin, der Bundesrepublik, den USA, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Großbritannien teil.9
Januar / Februar 1981
Der Arbeitskreis der Wissenschaftlerinnen an Hochschulen von NRW veröffentlicht ein Memorandum zur Situation von Wissenschaftlerinnen an nordrhein-westfälischen Hochschulen. Auf der Basis eigener Erhebungen geschlechtsspezifischer Hochschulstatistiken10 haben die Wissenschaftlerinnen einen Forderungskatalog entwickelt. Er beinhaltet z.B. die Quotierung von DozentInnenstellen, die geschlechterparitätische Zusammensetzung von Gremien, den Ausbau von Schwerpunkten für Frauenforschung und Frauenlehre. Gegründet hatte sich der Arbeitskreis, bestehend aus ca. fünfzig Wissenschaftlerinnen um die Soziologieprofessorin Sigrid-Metz-Göckel, 1980 mit dem Ziel, gemeinsam mit dem NRW-Wissenschaftsministerium zu verhandeln und die Institutionalisierung der Frauenforschung voranzutreiben.11
1981
Die FU Berlin gründet die Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenforschung in Deutschland. Gleichzeitig beschließt der Akademische Senat der Freien Universität Berlin, Frauen im gesamten Universitätsbereich besonders zu fördern und sie „bei gleicher Qualifikation“ bei der Stellenvergabe zu bevorzugen.
22.-24. Mai 1981
An der Universität Bielefeld findet die Fachtagung Frauen im Wissenschaftsbetrieb statt. Die Tagung wird im Rahmen eines Forschungsprojekts gleichen Namens organisiert, das an der Fakultät für Pädagogik durchgeführt wird. Rund einhundertsechzig Wissenschaftlerinnen und Studentinnen verschiedener Fachrichtungen und Hochschulen stellen in Referaten und Diskussionsgruppen laufende Forschungsprojekte an anderen Universitäten zum Thema vor.12
15. August 1981
In Hannover gründet die niedersächsische Landesregierung das Institut Frau und Gesellschaft (IFG), initiiert von der Bundestagsabgeordneten Dr. Helga Wex (CDU). Geleitet wird es von Rita Süssmuth, die damals noch Pädagogik-Professorin an der Universität Dortmund ist. Die Aufgaben des Instituts sind: Entwicklung und Durchführung eigener theoretischer und empirischer Forschungen, Anregung von Forschungsprojekten, Forschungsbündelung und Forschungsdokumentation sowie Öffentlichkeitsarbeit und wissenschaftliche Politikberatung.
Die feministischen Frauenforscherinnen sind hinsichtlich des Institutes gespalten. Während sie einen das IFG als weiteren Schritt Richtung Institutionalisiserung der Frauenforschung betrachten, distanzieren sich Prof. Dr. Maria Mies, Verfasserin der Methodischen Postulate zur Frauenforschung, und Dr. Carola Möller im Namen des Wissenschaftlerinnen-Vereins Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen von dem Institut und empfehlen allen feministischen Forscherinnen, das Institut zu meiden, da dort „feministische Frauenforschung neutralisiert und absorbiert“ werde.13
7. Juli 1982
An der Universität Bielefeld wird die Interdisziplinäre Forschungsgruppe Frauenforschung, Bielefeld (IFF) eingerichtet. Sie ist die erste offizielle Frauenforschungs-Einrichtung an einer deutschen Universität.14 Bereits 1980 war in Bielefeld eine Geschäftsstelle Frauenforschung eingerichtet worden, deren Ziel die dauerhafte Institutionalisierung des Universitätsschwerpunktes Frauenforschung sein sollte. 2004 wird das IFF umbenannt in Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung und besteht bis heute als eigenständige Forschungseinrichtung.
November 1982
Die erste Ausgabe der fortan halbjährlich erscheinenden Feministischen Studien erscheint im Beltz-Verlag. Die Herausgeberinnen suchen gezielt den Dialog zwischen nicht-institutionalisierter und akademischer Frauenforschung: „Dazu kann nur eine interdisziplinäre Frauenforschung beitragen, die sich weder aus den Aktions- und Diskussionszusammenhängen der Frauenbewegung ins rein Universitären zurückzieht noch sich innerhalb des akademischen Feldes gettoisieren lässt.“15
1983
Herausgegeben vom Institut Frau und Gesellschaft erscheint die erste Ausgabe des Informationsdienstes Frauenforschung, in der sich das Institut vorstellt, welches sich fortan am Austausch und Diskussionen „zwischen den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen und Institutionen der Frauenforschung, -arbeit und -politik tätigen Kolleginnen beteiligen möchte“.16
Gefördert durch die NRW-Landesregierung veröffentlichen Ulla Bock, Anne Braszeit und Christiane Schmerl im Beltz-Verlag die Ergebnisse ihrer Studien zu Frauen im Wissenschaftsbetrieb und entwickeln auf Basis der empirischen Daten konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Studien- und Arbeitsbedingungen von Frauen an Hochschulen.17
1984
In der Gründungsbroschüre des von ihr mitbegründeten Hamburger Instituts für Sozialforschung kritisiert Alice Schwarzer in ihrem Beitrag Feministinnen sind Piratinnen esoterische Tendenzen in der Frauenforschung.
Sie hatte 1974/75 selbst eines der ersten Frauenseminare, für die Soziologinnen in Münster, gehalten und schrieb nun: „Längst segelt unter der Flagge ,Frauenforschung‘ nicht nur Feministisches, sondern auch Reformistisches und eindeutig Reaktionäres. Die Konfusion ist groß. Das trifft Wissenschaftlerinnen und Studentinnen, die heute orientierungsloser sind als noch Mitte der siebziger Jahre. Veranstaltungen wie die alljährliche West-Berliner Sommeruniversität für Frauen, auf der zeitweilig mehr von Trancen, Sternkreiszeichen und Tarockkarten geredet wurde als von Wissenschaft, legen davon tristes Zeugnis ab.“18
Im gleichen Jahr initiiert Alice Schwarzer, mit der Förderung von Jan Philipp Reemtsma, das Feministische Archiv und Dokumentationszentrum (seit 1994 FrauenMediaTurm in Köln). Schwarzer versteht die Sicherung der historischen und aktuellen Geschichte von Theorie und Praxis als Voraussetzung für die Forschung zur Lage der Geschlechter.
1985
Das Hochschulrahmengesetz wird novelliert und Frauenförderung wird darin als Aufgabe der Hochschulen formuliert: „Die Hochschulen wirken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die Beseitigung der für Wissenschaftlerinnen bestehenden Nachteile hin.“ (HRG §2, Absatz 2).
1987
Die Frauenförderung wird in das Hochschulgesetz sowie in das Fachhochschulgesetz übernommen. Außerdem sollen die Hochschulen Frauenbeauftragte bestellen.19 An der Goethe-Universität in Frankfurt am Main wird im Fach Soziologie die erste hoch dotierte C4-Professur für den Bereich Frauenforschung besetzt. Titel: Frauenarbeit in Produktion und Reproduktion, Frauenbewegung. Besetzt wird die Professur mit Ute Gerhard. Diese Professur ist heute die am längsten existierende C4/W3-Professur in der Frauen- und Geschlechterforschung.20
1989
Am Vorabend des Internationalen Frauentages wird in Frankfurt die Bundesarbeitsgemeinschaft Autonomer Frauenforschungseinrichtungen (BAFF) gegründet, ein Zusammenschluss von feministischen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen.21
Wie geht es weiter?
Unter dem Titel Das Unbehagen der Geschlechter22 erscheint 1991 bei Suhrkamp die deutsche Übersetzung von Judith Butlers Gender Trouble (1990). Butlers radikale dekonstruktivistische Diskurstheorie führt in der deutschsprachigen Rezeption zu Kontroversen und Umbrüchen innerhalb der Frauen- und Geschlechterforschung. Butler betrachtet nicht nur das soziale Geschlecht (,Gender‘) als soziales und daher veränderbares Konstrukt, sondern auch das biologische Geschlecht (,Sex‘). Butler wird zu einer der zentralen VertreterInnen der ,Queer-Theory‘, die der Selbstdefinition von Menschen eine zentrale Rolle zuschreibt und davon ausgeht, dass geschlechtliche und sexuelle Identität durch die Handlung der jeweiligen Menschen erzeugt werden. Menschen können sich demnach selbst definieren, zum Beispiel als ,weiblich‘ oder ,männlich‘. Das führt zu einem Konflikt mit Vertreterinnen eines radikalen Feminismus, die Butler und der ,Queer-Theory‘ vorwerfen, dass sie die gesellschaftliche Repression von Frauen im Patriarchat nicht mehr als objektiv existierendes Problem definieren, sondern dem Subjekt und seiner Selbstdefinition zuschreiben. Als politische Kategorie lösen sich ,die Frauen‘ durch die queere Identitätspolitik, die Identität in immer kleinere Untergruppen zerfasert, zusehends auf. Die ,Gender Studies‘ werden von VertreterInnen der ,Queer-Theory‘ beeinflusst. Die ursprünglich feministische Frauenforschung wird durch die von Postmoderne und Dekonstruktivismus geprägten ,Gender Studies‘ ersetzt. Auch so manche feministische Forscherin kritisiert diese Entwicklung.
Am 19. Januar 1993 wird in Nordrhein-Westfalen das Graduiertenkolleg Geschlechterverhältnis und sozialer Wandel – Handlungsspielräume und Definitionsmacht von Frauen unter Beteiligung von fünf Professorinnen des Netzwerks Frauenforschung aus vier Universitäten – Sigrid Metz-Göckel (Dortmund), Ursula Müller (Bielefeld), Ursula Beer (Dortmund), Doris Janshen (Essen), Ilse Lenz (Bochum) eröffnet.23
An der Universität Bochum wird 1994 die Marie-Jahoda-Gastprofessur für internationale Geschlechterforschung eingeführt.24 In den nächsten Jahren werden weitere Universitäten im deutschsprachigen Raum folgen, so 1999 die Universität Wien mit der Käthe-Leichter-Gastprofessur oder 2001 Rheinland-Pfalz mit der an den Universitäten rotierenden Klara-Marie Fassbinder-Gastprofessur. Insgesamt gibt es zwanzig Jahre später im deutschsprachigen Raum ein rundes Dutzend Gastprofessuren für Geschlechterforschung.25
Zum Wintersemester 1997/1998 wird am 21. Oktober 1997 an der Humboldt-Universität zu Berlin der bundesweit erste interdisziplinäre Magisterhauptfach-Studiengang Geschlechterstudien / Gender Studies eröffnet.
Mit der Genderkonferenz gründet sich 2006 ein Dachverband der rund siebzig Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum (KEG), der zu jährlichen Fachtagungen einlädt.
Laut des Gender-Reports 2013 liegt der Frauenanteil bei den Studierenden im gesamten Bundesdurchschnitt bei 47.5 %. Die Studentinnen- und Studentenzahlen unterscheiden sich in den neuen Bundesländern seit Jahren kaum, während in den alten Bundesländern die Zahl der Studenten überwiegt und der Abstand zu den Studentinnenzahlen konstant bleibt.26
Allerdings ist in vielen Studienfächern ein großer ,Gender Gap‘ zu verzeichnen. In den so genannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ist inzwischen jeder dritte Student weiblich, in den Ingenieurwissenschaften allerdings nur jeder fünfte. Bei der Germanistik ist das Verhältnis genau umgekehrt: Der Männeranteil unter den Studierenden liegt bei dreiundzwanzig Prozent.
Quellen
1 Bibliografie von unveröffentlichten Arbeiten zu frauenspezifischen Themen : Diplom-, Magister-, Seminar- und Zulassungsarbeiten, Dissertationen und Referate (1976). - Spazierer, Monika [Hrsg.] ; Dombrowski, Kristine [Hrsg.]. München : Frauenoffensive (FMT-Signatur: NA.03.047).
2 Lenz, Ilse (2008): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland : Abschied vom kleinen Unterschied ; eine Quellensammlung. - 1. Aufl., Wiesbaden : VS, Verlag für Sozialwiss., S.215.
3 2. [_Zweites] Treffen von Frauen aus Naturwissenschaft und Technik : Hamburg, 6. - 8. Januar 1978 ; Dokumentation. - Frauen in Naturwissenschaft und Technik (FiNuT) [Hrsg.]. Hamburg: o.V., S. 26-28 (FMT-Signatur BI.12.027-02).
4 Lenz, Ilse (2008): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland : Abschied vom kleinen Unterschied ; eine Quellensammlung. - 1. Aufl., Wiesbaden : VS, Verlag für Sozialwiss., S.220.
5 Berichte vom Kongress werden 1979 in der zweiten Ausgabe der Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis veröffentlicht. Siehe Feministische Theorie und Praxis in sozialen und pädagogischen Berufsfeldern : Berichte vom Kölner Kongress. (1979) - In: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, Nr. 2 (FMT-Signatur: Z-F014:1979-2).
6 Mies, Maria (1978): Methodische Postulate zur Frauenforschung : dargestellt am Beispiel der Gewalt gegen Frauen. - In: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, Nr.1, S. 41 - 63 (FMT-Signatur: Z-F014:1978-1).
7 Frauenforschung - Postulate einer engagierten Wissenschaft (1982). - In: Lila Distel, Nr. 19, siehe Pressedokumentation: Hochschule: Theorie der Frauenforschung (FMT-Signatur: PD-BI.10.01).
8 Sektionsbericht für Soziologie 1/80, S. 73f. Zitiert nach Matthes, Bettina (2001): Aus der Geschichte… Die Sektion „Frauenforschung in den Sozialwissenschaften“ in der DGS, S. 7. Verfügbar unter: frauen-undgeschlechterforschung.de/tl_files/content_sektion/pdf/selbstverstaendnis/Sektionschronik.pdf [PDF-Dokument].
9 Ziele, Inhalte und Institutionalisierung von Frauenstudien und Frauenforschung : Dokumentation der Internationalen Konferenz vom 16. bis 18. April 1980 in Berlin, West. (1982). - Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung [Hrsg.]. 2. Aufl. Berlin : Selbstverl., (FMT-Signatur BI.05.055).
10 Memorandum und Dokumentation zur Situation von Wissenschaftlerinnen an den Hochschulen von NRW und Vorschläge zu ihrer Verbesserung (1981). - Arbeitskreis der Wissenschaftlerinnen in NRW [Hrsg.]. Dortmund : Selbstverl. (FMT-Signatur : BI.05.041).
11 Lenz, Ilse (2008): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland : Abschied vom kleinen Unterschied ; eine Quellensammlung. - 1. Aufl., Wiesbaden : VS, Verlag für Sozialwiss., S.562 (FMT-Signatur: FE.03.NA.002).
12 Interdisziplinäre Forschungsgruppe Frauenforschung, Universität Bielefeld : Informationsmaterialien der IFF (1983). - Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung [Hrsg.]. Bielefeld : Selbstverl. (FMT-Signatur BI.05.086).
13 Geisel, Beatrix: Mitarbeit oder Verweigerung? : Das Institut „Frau und Gesellschaft“ entzweit die Frauenforscherinnen. - In: Frankfurter Rundschau, 28.01.1984, siehe Pressedokumentation: Hochschule: außeruniversitäre Frauenforschungsstellen und Frauenuniversitäten 1978-1992 (FMT-Signatur PD-BI.10.04) / Frauenforschung bei der CDU : Das Institut „Frau und Gesellschaft“ Hannover. - In: taz, 12.10.1983, siehe Pressedokumentation Hochschule: außeruniversitäre Frauenforschungsstellen und Frauenuniversitäten 1978-1992 (FMT-Signatur PD-BI.10.04).
14 Memorandum II des Arbeitskreises der Wissenschaftlerinnen von NRW 1984 : priviligiert - und doch diskriminiert (1984. - Arbeitskreis der Wissenschaftlerinnen in NRW [Hrsg.] ; Universität <Dortmund> / Hochschuldidaktisches Zentrum [Hrsg.]. Bielefeld : Selbstverl., S. 51 (FMT-Signatur BI.05.040). Siehe auch Rahmenplan der IFF: interdisziplinäre Forschungsgruppe Frauenforschung an der Universität Bielefeld (1986). - Universität <Bielefeld> / Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung [Hrsg.]. Bielefeld : Selbstverl., S. 22-25 (FMT-Signatur BI.05.084).
15 Woesler de Panafieu, Christine (1982): Editorial. - In: Feministische Studien, Nr. 1, S.3 (FMT-Signatur: Z-F015).
16 Informationsdienst Frauenforschung (1983), Nr. 1, S. 1-2 (FMT-Signatur: Z-F016).
17 Bock, Ulla ; Braszeit, Anne ; Schmerl, Christiane (1983): Frauen im Wissenschaftsbetrieb : Dokumentation und Untersuchung der Situation von Studentinnen und Dozentinnen unter besonderer Berücksichtigung der Hochschulen von Nordrhein-Westfalen. - Weinheim [u.a.] : Beltz (FMT-Signatur BI.05.062).
18 Schwarzer, Alice (1984): Feministinnen sind Piratinnen. - In: Hamburger Institut für Sozialforschung 1984. - Hamburger Institut für Sozialforschung [Hrsg.]. Hamburg : Selbstverlag, 1984, S.107 (FMT-Signatur: BI.01.050).
19 Vorwärts - Auf der Stelle! (1996). - Arbeitskreis der Wissenschaftlerinnen NRW [Hrsg.]. Memorandum III. Dortmund : Univ. Dortmund (FMT-Signatur BI.05.220).
20 Bock, Ulla (2015): Pionierarbeit: Die ersten Professorinnen für Frauen- und Geschlechterforschung an deutschsprachigen Hochschulen 1984-2014. - Frankfurt am Main (u.a.) : Campus-Verl., S. 47 f. (FMT-Signatur BI.10.236).
21 Autonome Frauenforschungseinrichtungen bundesweit zusammengeschlossen. - In: zweiwochendienst, 07.03.1989, siehe Pressedokumentation Hochschule: außeruniversitäre Frauenforschungsstellen und Frauenuniversitäten 1978-1992 (FMT-Signatur PD-BI.10.04). / Pressemitteilung „Bundesarbeitsgemeinschaft autonomer Frauenforschungseinrichtungen (BAFF) gegründet“. - In: Fraueninformationsblatt, SS 1989, siehe Pressedokumentation Hochschule: außeruniversitäre Frauenforschungsstellen und Frauenuniversitäten 1978-1992 (FMT-Signatur PD-BI.10.04).
22 Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. - Frankfurt am Main : Suhrkamp (FMT- Signatur: FE.10.085).
23 Schmidt, Uta C. (2013): Das Netzwerk Frauenforschung NRW : Geschichte und Gegenwart einer Wissenschaftsinstitution. - Essen : Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW, S. 111 (FMT-Signatur BI.10.101).
24 Bock, Ulla (2015): Pionierarbeit: Die ersten Professorinnen für Frauen- und Geschlechterforschung an deutschsprachigen Hochschulen 1984-2014. - Frankfurt am Main (u.a.) : Campus-Verl., S. 300 (FMT-Signatur BI.10.236).
25 Siehe Katrin Schäfgen (o.J.): Der Studiengang Geschlechterstudien/Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin. – Verfügbar unter: Humboldt-Universität zu Berlin. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien: www.gender.hu-berlin.de/de/zentrum/geschichten/pdf-dokumente/geschichtestudgang [PDF-Dokument].
26 Kortendiek, Beate ; Hilgemann, Meike ; Niegel, Jennifer ; Hendrix, Ulla (2013): Gender-Report 2013 : Geschlechtergerechtigkeit an nordrhein-westfälischen Hochschulen. - Essen : Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW, S. 25 (FMT-Signatur BI.05.231).
Alle Internetlinks wurden zuletzt abgerufen am 29.01.2018.
Auswahlbibliografie
Online verfügbare Quellen
Matthes, Bettina (2001): Aus der Geschichte… Die Sektion „Frauenforschung in den Sozialwissenschaften“ in der DGS, S. 7 [PDF-Dokument].
Schäfgen, Katrin (o.J.): Der Studiengang Geschlechterstudien/Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin. - Humboldt-Universität zu Berlin. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien [PDF-Dokument].
Empfehlungen
Tröger, Annemarie (1978): Summer universities for women: the beginning of women's studies in Germany? New German critique: an interdisciplinary journal of German studies, Heft 13, 1978 (FMT-Signatur: FE.03.147-a).
Kleinau, Elke (1983): Zur Studien- und Arbeitssituation von Frauen an bundesdeutschen Hochschulen und Universitäten. Oldenburg: BIS-Verlag, 1983 (FMT-Signatur: BI.10.064-a).
Mies, Maria (1984): Frauenforschung oder feministische Forschung?: Die Debatte um feministische Wissenschaft und Methodologie. In: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis 7, Nr. 11, S. 40-60 (FMT-Signatur: Z-FO14:1984-11-a).
Pressedokumentation
Pressedokumentation zum Thema Frauenforschung: PDF-Dokument
Die Pressedokumentation des FMT umfasst strukturierte, thematisch aufbereitete und inhaltlich erschlossene Beiträge der allgemeinen und feministischen Presse, meist angereichert mit weiteren Materialien wie z.B. Flugblättern und Protokollen.
Weitere Bestände im FMT (Auswahl)
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