Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre gingen in der ganzen westlichen Welt Frauen auf die Barrikaden. Sie kamen aus der Linken, wo sie ihre Anliegen nicht vertreten sahen, sowie aus allen gesellschaftlichen Bereichen. In Deutschland flog 1968 eine Tomate auf einen der Chefdenker der APO(Außerparlamentarische Opposition): Die linken Studentinnen protestierten gegen repressive Strukturen auch innerhalb des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) und verlangten dieselben Rechte wie ihre Genossen. Vergeblich.
Drei Jahre später, 1971, wurde das öffentliche Selbstbekenntnis von 374 Frauen im Stern – „Ich habe abgetrieben und fordere das Recht dazu für jede Frau!“ – zum Auslöser einer breiten Frauenbewegung. Diese Frauenbewegung wurde im Westen und auch in Deutschland zur stärksten sozialen Bewegung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie veränderte das Leben von Millionen Frauen und Männern, das gesellschaftliche Bewusstsein und die Gesetze. Doch das historische Gedächtnis ist kurz. Klischees überleben leichter als Tatsachen. Und die angebliche ‚Geschichtslosigkeit‘ der Frauen ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einer wirklichen Gleichberechtigung der Geschlechter. Wer keine Vergangenheit hat, hat keine Zukunft.
Umkämpft und unbequem: Feministische Themen
Darum hat der FrauenMediaTurm, der in der Tradition der Frauenbewegung steht, sich entschlossen, die Spuren der Neuen Frauenbewegung in Deutschland in den entscheidenden Jahren des Aufbruchs (von Anfang der 1970er- bis Anfang der 1980er-Jahre) zu sichern: die Motive der Aktivistinnen, ihre Methoden des Protestes und ihre Ziele, sowie die Folgen für die gesamte Gesellschaft. Dabei wird deutlich: Der Feminismus ist eine mindestens 150-jährige Praxis und Theorie, wobei die Praxis vor der Theorie kam. Denn es ging den feministischen Pionierinnen nie ’nur‘ um die Veränderung der Gesellschaft, sondern immer auch um die ihres eigenen Lebens.
Zur systematischen Aufarbeitung des archivierten Materials hat der FMT die Form einer Bündelung in zentrale Themen gewählt: von dem Kampf um das Recht auf Abtreibung über die Initiierung der Frauenhäuser bis hin zur Sprache der Geschlechter. Die Darstellung der zentralen Debatten, Netzwerke und Projekte wird gestützt von Auswahlbibliografien, Empfehlungen von Schlüsseltexten, Hinweisen auf online verfügbare Quellen und Literaturlisten aus den Beständen des FMT zum Download, sowie darüber hinausgehenden Links. Ein reiches Bildmaterial, Digitalisate und Querverweise veranschaulichen die Zusammenhänge. All das gibt einen lebendigen Eindruck von einer sehr lebendigen Bewegung.
Wir danken dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) für die Förderung des Projektes in den Jahren 2012-2016.