Die Lange Geschichte des §218

Social Media Beitrag vom 03.06.2025: Link zum Instagram-Post

#MyBodyMyChoice #Wegmit218 – 2025 steht der §218 erneut im Fokus der Debatte um Selbstbestimmung. Die aktuelle Frauenbewegung knüpft an eine lange Geschichte von Protesten gegen die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen an. 📢

Der §218 des Strafgesetzbuchs wurde 1871 mit der Gründung des Deutschen Reichs eingeführt und stellte Abtreibung grundsätzlich unter Strafe. Die Regelung wurde aus dem Kirchenrecht abgeleitet und als „Verbrechen wider das Leben“ klassifiziert. Frauen drohten bis zu 5 Jahre Zuchthaus, mindestens aber 6 Monate Gefängnis, wenn sie eine Abtreibung vornahmen oder ihr zustimmten. Wer als Dritte half, konnte ebenfalls bestraft werden. Trotz des Verbots waren Abtreibungen weit verbreitet, insbesondere unter ärmeren Frauen, die häufig gezwungen waren, heimlich und unter prekären Bedingungen abzutreiben. Der §218 entwickelte sich so zum „Klassenparagrafen“.

Um 1900 forderten bürgerliche Frauenrechtlerinnen wie Helene Lange und Gertrud Bäumer, soziale Reformen mit Fokus auf Gesundheitsschutz. Helene Stöcker, Vorsitzende des Mutterschutzbundes, setzte sich ab 1905 für die Abschaffung von §218 ein, wobei sich ihre Argumentation mit rassenhygienischen Ideen vermischte. Die Frauenbewegung war sich uneinig: Einige wollten vollständige Straffreiheit, andere plädierten für Ausnahmen und Reform.

In der Weimarer Republik wuchs der Widerstand. Arbeiterinnen, Sozialistinnen und Feministinnen verlangten verschiedene Formen der Liberalisierung. 1927 erkannte das Reichsgericht erstmals die medizinische Indikation an, sodass Abtreibungen aus gesundheitlichen Gründen straffrei möglich wurden. Eine umfassende Reform blieb jedoch aus.

Während der NS-Zeit wurde das Abtreibungsverbot im Rahmen der rassistischen Bevölkerungspolitik verschärft. Nach 1945 blieb das Strafrecht jedoch so bestehen und wurde in der BRD weitgehend übernommen. Die Debatte blieb bis in die 1960er Jahre tabuisiert.

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Leseempfehlungen

Bergmann, Anna.“Die Abtreibungspraxis im Deutschen Kaiserreich“, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv, 2024, Zuletzt angesehen: 04.06.2025, URL: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/angebote/dossiers/218-und-die-frauenbewegung/die-abtreibungspraxis-im-deutschen-kaiserreich#:~:text=Das%20Abtreibungsverbot%20wurde%201871%20im,167%20f..

Ferree, Myra Marx. Feminismen: die deutsche Frauenbewegung in globaler Perspektive, Campus, 2018. (FE.01.152)

Jütte, Robert (Hrsg.). Geschichte der Abtreibung: von der Antike bis zur Gegenwart, Beck, 1993. (SE.11.136)

Sanger, Margret. “Birth Control”, in: Martin, Wendy. The American Sisterhood: Writings of the Feminist Movement from Colonial Times to the Present, Harper & Row, 1972, S. 234-242. (FE.04.082)

Schröder, Hannelore. Widerspenstige, Rebellinnen, Suffragetten: feministischer Aufbruch in England und Deutschland, ein-FACH-verlalg, 2001. (FE.01.053)

Staupe, Gisela und Lisa Vieth (Hrsg.). Unter anderen Umständen: zur Geschichte der Abtreibung, Argon-Verlag, 1993. (SE.11.101)

Institut für Marxistische Studien und Forschungen, Arbeitskreis Frauenfrage (Hrsg.). Arbeiterbewegung und Frauenemanzipation 1889 bis 1933, Verlag Marxistische Blätter, 1973. (FE.06.181)

03.06.2025, Katharina Henze

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