Turmvisiten, Lesungen feministischer Schlüsseltexte, Kölsch vom Fass und Kölschrock: Es war ein rasantes Fest am 25. August 2019. Anlass: 25 Jahre FrauenMediaTurm im Bayenturm. Und das ist erst der Anfang. Die Vertreter von Stadt und Politik sind entschlossen, auch die Zukunft des Frauenturms zu sichern.
Der ungekrönte Star des Festes war der Turm. Mindestens jede und jeder Zweite ließ es sich nicht nehmen, per Aufzug oder per Pedes in den vierten Stock zu steigen. In diesem 8,40 Meter hohen, quadratischen Raum befindet sich auf zwei Ebenen die öffentliche Bibliothek des FrauenMediaTurm (FMT). Auf der Hängegalerie aus Stahl sind u.a. die 28.966 Exemplare der Sammlung feministischer Zeitschriften aus fast zwei Jahrhunderten untergebracht. Und über allem thront das „Himmelsauge“ aus Stahl und Glas, durch das das Licht in den Wehrturm fällt. Wer Glück hatte, erwischte eine der beiden Führungen, die Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner veranstaltete. Die hoch beliebte Köln-Kritikerin ist seit fünf Jahren im Vorstand der Stiftung aktiv.
Unten wogte derweil das Fest. 400 bis 500 Menschen waren gekommen, überwiegend Frauen, um „25 Jahre FrauenMediaTurm im Bayenturm“ zu feiern. Manche waren extra aus Berlin oder Darmstadt angereist.
Im Vorprogramm hatten die Kinder von der Jazzhausschule eine Stunde lang auf der Bühne gestanden: Die 7-köpfige Band „Electro Smilies“ und das Duo Matilda und Jonah präsentierten Klassiker und selbst komponiertes stimmungsvoll und mit Spaß an der Freud. Und damit schloss sich ein Kreis: Denn die Jazzhausschule hatte vor dem Wiederaufbau des Turms 1994 in dem halbzerstörten Turm geübt. Heute jazzen sie in der Eigelsteintorburg.
Alice Schwarzer erklärte bei der Begrüßung, warum sie 1984 das Archiv gegründet hat: „Damit Frauen die Geschichte ihrer Emanzipation kennen, auf die sie stolz sein können! Und damit die jungen Frauen sich auf die Schultern ihrer Pionierinnen stellen – und weiterblicken.“ Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes regte an, die Existenz dieses umfassendsten deutschen Frauenarchivs auch als „Bildungsstätte für Kölner Schülerinnen“ zu nutzen. Und sie ließ von der verhinderten Oberbürgermeisterin Henriette Reker grüßen. Die gratulierte per Brief dazu, dass der einstige Wehrturm heute „über die Geschichte der Frauen“ wache und versicherte: „Bei Ihren Zielen können Sie immer auf meine Unterstützung setzen.“ Das ist doch ein Wort!
Es startete das Hauptprogramm, rasant auf Kölsch moderiert von Katja Lavassas. Die Frau mit der großen Klappe empfahl sich mit ihrem tiefgründigen und humorvollen Auftritt als ab sofort im FMT zu dokumentierendes Role Model, nicht nur für Kölnerinnen. Erster Programmpunkt: 18 feministische Schlüsseltexte aus über zwei Jahrhunderten; von der Frauenrechtserklärung von Olympe de Gouges, die dafür 1793 auf dem Schafott landete, bis zur Rede vor der UN-Vollversammlung 2014 von Emma „Hermine“ Watson: Warum ich Feministin bin.
Die Texte wurden korrekt quotiert und mit leidenschaftlichem Ernst bzw. hintergründiger Ironie vorgetragen von drei Frauen und drei Männern: den Kabarettistinnen bzw. Schauspielerinnen Cordula Stratmann, Anka Zink und Lola Klamroth – sowie drei „alten weißen Männern“, die so gar nicht diesem sexistischen Klischee entsprachen, sondern Freunde der Gleichberechtigung sind: Helge Malchow (Verleger), Jürgen Wilhelm (Jurist) und Andreas Wolter (Bürgermeister von Köln).
Viele der Texte klangen, als wären sie gerade erst geschrieben worden, wie der von dem „verkochten und verbügelten Leben der Frauen“ aus dem Jahr 1849. Manche allerdings tönten im bewusst provokanten, kämpferischen Sound des Aufbruchs, wie das satirische „Manifest zur Vernichtung der Männer“ von Valerie Solanas.
Doch denen, den Männern, verging deswegen keineswegs die Laune. Im Gegenteil. Das frische Kölsch vom Fass trug dazu bei.
Gegen 18 Uhr dann der Auftritt des Kölschrockers Stefan Knittler & Band, in Begleitung der rasanten Musikerinnen Elli Erl und Tina van Wickeren, im Hauptberuf Lehrerinnen. Jetzt brachen auch die letzten Dämme. Es wurde mitgesungen und geschunkelt bis in den Abend hinein – und im kleinen Kreis sogar bis fast Mitternacht.
Warum macht ihr nicht öfter so ein Fest?, werden wir nun von allen Seiten gefragt. Der Platz hier rund um den Turm ist doch der ideale Feierplatz. Stimmt!
Presse zum Jubiläumsfest:
„We should all be feminists“ – Meine Südstadt
„Frauenmediaturm feiert 25-jähriges Jubiläum und lädt alle Kölner ein“ – Kölner Stadtanzeiger