Die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung sammelt für einen Aufruf zur „Entkriminalisierung der Homosexualität“ Unterschriften. Politisch eröffnet sich eine Möglichkeit, den Paragrafen 175 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Zahlreiche Prominente, wie Günther Grass, Joseph Beuys, Heinrich Böll, Hildegard Knef, Pina Bausch und Jil Sander unterzeichnen den Aufruf.
Der Bundestag entscheidet sich schließlich gegen die Streichung des §175.[1]
12./13. Januar
Die überregionale Zeitschrift Lesbenstich wird in Bonn von sechs Frauen aus Berlin und NRW gegründet. Die erste Ausgabe erscheint im April. Die Idee zu der neuen Zeitschrift entstammt dem im Jahr zuvor. Ihr Ziel ist es, eine gruppenunabhängige Zeitschrift aufzubauen. Der Lesbenstich erreicht eine durchschnittliche Auflage von 1.500 Exemplaren und wird bis 1993 herausgegeben.[2]
23.-26. Mai
Lesbenpfingsttreffen in Spielberg bei Karlsruhe. Drei Arbeitsschwerpunkte sind vorab festgelegt. Neben der Entwicklung einer „Strategie der Lesbenbewegung“ liegt der Fokus auf musischen Arbeitsgruppen.[3]
Es gründen sich die „Lesbischen Mütter“, die zum Ziel haben aus „unserer für uns jede schlimme[n] Vereinzelung“ auszubrechen und Mutterschaft in der Lesbenbewegung sichtbar zu machen.[4]
9. Juni
Drei Frauen aus dem Frauenplenum der Ruhr-Universität Bochum initiierten eine Lesbengruppe an der Universität. An immer mehreren Universitäten gründen sich autonome Frauen- und Lesbenreferate.
28. Juni
Zum Christopher-Street-Day laden mehrere norddeutsche Lesben- und Schwulengruppen zur Demonstration und einem anschließenden Fest nach Hamburg ein. Besonders Lesben seien immer noch unsichtbar in der Gesellschaft, Veranstaltungen wie diese sollen dies ändern und Lesben dabei helfen, sich gegen Benachteiligung und Unterdrückung zu Wehr setzen. Die Lesbengruppe läutet den CSD mit einer lesbischen Filmwoche ein.
12. Juli
Die Vereinigung lesbischer Frauen und homosexueller Männer kommt in Bonn zu einer Politikerbefragung zusammen. Sie fordern eine Änderung des Sexualstrafrechts und eine Entschädigung für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus. Die Antwort ist ernüchternd: „Es werde darüber im Ausschuß debattiert, […] doch die Chancen seien gering.“[5]
Die Befragung muss aufgrund von Tumulten unterbrochen werden, da Pädophilen-Gruppen versuchen, die Veranstaltung zu kapern, um die Legalisierung von Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen und Kindern zu.[6] Anschließend demonstrieren Homosexuelle auf den Bonner Straßen.
Juli
Nachdem Helmut Kohl auf eine Kanzlerkandidatur im kommenden Oktober verzichtet, nominieren CDU und CSU Franz Josef Strauß als ihren Kandidaten. Strauß‘ Äußerung aus dem Jahr 1970 „Lieber ein kalter Krieger als ein warmer Bruder“ wurde von der Lesbenbewegung zum Anlass genommen, um „eine Diskussion [zu] initiieren, was gegen Strauss zu tun ist.“[7] Die erste Ausgabe des Lesbenstichs widmet sich neben einem Artikel zu Strauß auch den anderen größeren Parteien und diskutiert, welche Parteien lesbische Themen verhandeln. Die Hoffnung liegt dabei auf den Grünen.
28. August
Gründung des Kommunikations- und Beratungszentrum homosexueller Frauen und Männer in Berlin. Das Zentrum arbeitet im Bildungsbereich an der Ursachenbekämpfung der Diskriminierung von Homosexuellen. Durch psychologische individuelle Beratungen versuchen sie, konkret Lebensbedingungen zu verbessern. Das Zentrum besteht bis heute.[8]
Sommer
In Berlin organisieren zwei Frauen lesbische Stadtrundfahrten durch Kreuzberg, Schöneberg und Wilmersdorf. Die beiden Frauen erzählen von lesbischen Frauen und Lesbenprojekten in der Kaiserzeit und der Weimarer Republik und bringen selbst gebastelte Gedenktafeln an.[9] Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte nimmt in der Lesbenbewegung immer mehr Gestalt an.
29. September – 4. Oktober
Fünfte Sommeruniversität für Frauen: „Biederer Alltag – radikale Träume“. Wieder sind, wie in den Jahren zuvor, lesbische Frauen maßgeblich an der Organisation beteiligt. Zehn Prozent der Veranstaltungen sind lesbischen Themen gewidmet.[10]
[1] Vgl.: Sigusch, Volkmar: Homosexuelle zwischen Verfolgung und Emanzipation. In: Bundeszentrale für politische Bildung [Hrsg.]: Homosexualität. APuZ – Aus Politik und Zeitgeschichte, 15-16/2010, S. 3-7, hier S. 4f.
[2] Vgl.: Fieseler, Franka: Vernetzte Netze – vielfältige Foren. Zur Geschichte lesbisch-feministischer Zeitschriften in Deutschland. In: Susemichel, Lea; Rudigier, Saskya; Horak, Gabi [Hrsg.]: Feministische Medien. Öffentlichkeiten jenseits des Malestreams, Taunus 2008, S. 134-150.
[3] Vgl.: Lesben-Pfingsttreffen. In: Lesbenstich, 0/1980 (PD.LE.11.02).
[4] Vgl.: Gruppe lesbischer Mütter. In: Lesbenstich, 3/1980.
[5] Roggenkamp, Viola: Normalität nervt. In: EMMA, 9/80, S. 52-53.
[6] Vgl.: Lesbisches Leben in Bonn. Chronik lesbischer Frauen und Aktivitäten in Bonn und Umgebung, URL: https://www.lesbengeschichte.org/staedte_bonn_d.html Zuletzt besucht am: 07.12.2020
[7] Lesben gegen Strauss. In Lesbenstich, 0/80, S. 10-11.
[8] Vgl.: KomBi. Kommunikation und Bildung. Geschichte, URL: http://www.kombi-berlin.de/03-e.html Zuletzt besucht am: 07.12.2020.
[9] Rosenberg, Barbara: Lesbische Stadtrundfahrt. In: Courage, 7/80 (PD.LE.11.02).
[10] Vgl.: Krüger, Anke: Sommeruniversität für Frauen. Berlin, West (1976-1983). In Dennert, Gabriele; Leidinger, Christiane; Rauchhut, Franziska [Hrsg.]: In Bewegung bleiben. 100 Jahre Politik, Kultur und Geschichte von Lesben, Berlin 2007, S. 246-247.