1979

Lesbenpfingsttreffen Münster, FMT, Z146:1979-7

3.-4. Juni
Zum ersten Mal treffen sich die Lesben zum alljährlichen Pfingsttreffen nicht wie bisher in Berlin, sondern in Münster. In den vergangenen Jahren waren die Frauen aus dem LAZ an ihre Grenzen gekommen. Das hatte nicht zuletzt das Vorjahrestreffen gezeigt. Organisation und Veranstaltung übernehmen in diesem Jahr die Homosexuellen Frauen Münster. Neue Arbeitsgruppen werden gebildet: Es geht um Zukunftsperspektiven, Dogmatismus in der Lesbenbewegung, Mutterrolle und Lesbenidentität und um das Verhältnis lesbischer Frauen zu ihren Müttern. In den folgenden Jahren finden die Lesbenpfingsttreffen in unterschiedlichen Städten statt.

28. Juni
In Berlin, Köln und Bremen demonstrieren homosexuelle Frauen und Männer zum zehnten Jahrestag des Christopher-Street-Day. Am 28. Juni 1969 hatten sich Schwule und Lesben im Homosexuellen-Café Stonewall in der New Yorker Christopher Street gegen eine Razzia zur Wehr gesetzt und eine regelrechte Straßenschlacht ausgelöst. Obwohl es in den Jahren davor bereits Demonstrationen gab, etabliert sich der CSD international als Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag.[1]

FMT, VAR.02.018

Während zehn Jahre nach Stonewall rund 60.000 Menschen in New York für Akzeptanz und gegen Diskriminierung auf die Straße gehen, sind es in der BRD nur einige Hundert. Dennoch sind die deutschen Proteste die bisher spektakulärste Demonstration homosexuellen Selbstbewusstseins. Auch lesbische Frauen zeigen Präsenz.

1.-6. Oktober
„Autonomie oder Institution“, zu diesem Thema treffen sich in Berlin rund 7.000 Teilnehmerinnen zur vierten Sommeruniversität der Frauen. Zum ersten Mal wird die Sommeruniversität vom Berliner Senat als „förderungswürdige Bildungsveranstaltung anerkannt“, wodurch Teilnehmerinnen Bildungsurlaub beantragen können.

FMT, FE.03.009-04

Im Vergleich zu vergangenen Veranstaltungen sind lesbische Themen deutlich präsenter im Programm: ein Viertel der Veranstaltungen thematisiert lesbenrelevante Inhalte. Viele Lesben aus der Bewegung sind anwesend, auch aus der Provinz. Manche erinnert die Veranstaltung fast an die Lesbenpfingsttreffen. Die Autorin Charlotte Wolff ist aus London angereist und liest vor 500 Frauen aus ihren Büchern vor. „Sie hätte erzählen können, was sie wollte, wichtig war einfach das sie da war,“- so fasst es eine Teilnehmerin zusammen. Ilse Kokula resümiert: „Mir scheint, daß die Sommeruni für Lesben und Nicht-Lesben eine längst fällige Diskussion in Gang gebracht hat und daß an hundert Punkten, in Zentren, bei der Berufstätigkeit, in Gruppen weitergearbeitet werden wird. Vielleicht besteht dann im nächsten Jahr eine Möglichkeit, die Strategie einer Lesbenbewegung genauer zu entwerfen.“[2]

Herbst
Die Konzert-Tournee Lesbian Music in Concert reist durch die Bundesrepublik. Mit dabei die Musikerinnen Alix Dobkin aus den USA, Monika Jaeckel (Flying Lesbians) und Barbara Baumeister.

Lesbian Music in Concert, FMT, VAR.01.128

Nach Kopenhagen, Amsterdam und London treten die Sängerinnen auch in fünf Städten der Bundesrepublik auf. In der Münchener Frauenzeitung wird das Münchener Konzert ausgiebig und nicht sehr positiv besprochen.

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[1] Vgl.: The Rainbow History Project, URL: https://web.archive.org/web/20110517153305/http://www.rainbowhistory.org/Pickets.html Zuletzt besucht am: 04.12.2020.

[2] Kokula, Ilse: Du bist lesbisch, was bin ich? 4. Sommeruniversität für Frauen. In: Courage 11/1979, S. 8.

[3] Vgl.: Lesbian music in concert. Lesbian Frustration. In: Münchener Frauenzeitung, Nov. 1979 (PD.LE.11.02).

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