Helene Stöcker, 1924
I.
Wenn wir als Vorkämpfer der Bewegung für Mutterschutz und Sexualreform heute wieder einmal in der Öffentlichkeit unsere Stimme erheben, um für die Abschaffung der §§218/219 des StGB, einzutreten – so geschieht es, weil das Problem der freiwilligen Unterbrechung der Schwangerschaft durch die Not des letzten Jahrzehnts noch eine besondere Aktualität erhalten hat.
Keiner, der für die Aufhebung der §§218/219 des StGB, eintritt, wie es bekanntlich der Bund für Mutterschutz seit zwei Jahrzehnten getan hat, wird die Unterbrechung der Schwangerschaft an sich für etwas Gutes und Wünschenswertes halten. Sie wird nach meiner Überzeugung im Gegenteil jedenfalls stets eine traurige, ernste und bedauerliche Notwendigkeit bleiben. Wir haben alle Kraft, alle Mittel daran zu setzen, durch positiven Mutter- und Kinderschutz, durch die Verbreitung sexualhygienischer Kenntnisse – insbesondere der besten Methoden der Geburtenregelung – die Menschen allmählich in den Stand zu setzen, einen so schweren Konflikt zwischen zwei Übeln überhaupt zu vermeiden. Aber solange diese Vermeidung nicht radikal in jedem Falle möglich ist, müssen Mittel und Wege gefunden werden, auch denen zu helfen, die durch dieses Übel der Schwangerschaftsunterbrechung ein noch größeres Übel: nämlich das der Zerstörung von Gesundheit und Lebensglück der schon Lebenden – vermeiden wollen Diese Strafparagraphen sind entstanden aus einer Weltanschauung, deren Voraussetzungen für uns heute auf keinen Fall mehr gelten können – unter sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zuständen völlig entgegengesetzter Natur wie unsere heutigen. Heute gehören sie zu jenen Unglücksparagraphen, von denen Goethes Wort gilt: »Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ew’ge Krankheit fort.« Sie gehören zu den größten Zerstörern menschlicher Freiheit, ehelichen Glückes und sexueller Ehrlichkeit, die wir kennen.
Wenn vor kurzem im preußischen Landtag ein Regierungsvertreter erklärte, die preußische Regierung wolle bei der Reichsregierung im Sinne einer Milderung des Gesetzes jedenfalls vorstellig werden, wenn auch der Vorentwurf zum neuen Strafgesetz schon eine Milderung vorsieht, so ist das wie der erste Schimmer eines hoffnungsvolleren neuen Tages positiver Geburtenpolitik an Stelle barbarischen Gebärzwanges.
Aber leider stehen noch starke Hemmungen dieser Hoffnung auf Besserung entgegen. Einmal der Katholizismus, dessen strenger Fanatismus hier so weit geht, daß z. B. in Österreich kürzlich katholische Pflegeschwestern sich weigerten, den Ärzten bei der als medizinisch notwendig erkannten Unterbrechung im Krankenhause behilflich zu sein.
Auch ein großer Teil der Ärzte ist in dieser Frage noch bedauerlich rückständig, so daß selbst die Juristen – die doch von einer Wissenschaft herkommen, die ebenfalls ihrem Charakter nach nicht eigentlich auf radikalen Fortschritt angelegt ist – im Vergleich zu der Mehrheit der Ärzte auffallend einsichtsvoll und freiheitlich wirken.
Es ist doch bemerkenswert, daß sogar der Vorsitzende der Kommission zur Beratung eines neuen deutschen Strafgesetzbuches, der Senatspräsident am deutschen Reichsgericht, Ebermayer, einer Reform noch weiter entgegenkommt als die Eingaben mancher Ärztevereine. Der neue Entwurf des Strafgesetzbuches will jedenfalls die Zuchthausstrafe streichen, die Abtreibung grundsätzlich nur mit Gefängnis von einem Tag bis zu fünf Jahren bedrohen; er zeigt ein Entgegenkommen an die schweren sozialen Nöte, insofern man für besondere Fälle dem erkennenden Strafrichter die Befugnis zur völligen Straffreierklärung der abtreibenden Schwangeren selber gewähren will. Auch scheint man der Abtreibung infolge Notzucht Straffreiheit gewähren zu wollen, was j a auch immerhin schon ein Fortschritt wäre. Als der Bund für Mutterschutz während des Krieges Straffreiheit bei Abtreibung für die von Kosaken in Ostpreußen vergewaltigten Frauen in einer Petition forderte, ist diese Anregung noch völlig ergebnislos geblieben. Man kann also wohl sagen: im allgemeinen ist selbst den doch gewiß konservativen Verfassern des neuen Strafgesetzentwurfes zum Bewußtsein gekommen, daß hier ein Gesetz schon seit langem nicht mehr in Einklang -nicht nur mit dem berühmten »Volksempfinden« -, sondern auch nicht mehr mit unserer heutigen wissenschaftlichen Erkenntnis, mit unserer Kulturauffassung, mit unserer Weltanschauung zu bringen ist.
Um unsere innere Fremdheit diesem Gesetz gegenüber zu verstehen, müssen wir uns vergegenwärtigen, daß, während im Römischen Recht z. B. die Abtreibung der Ledigen sowie der Ehefrau bei Zustimmung des Mannes völlig straffrei war, es sich bei diesen Paragraphen um eine Übernahme aus dem kirchlichkatholischen Recht handelt. Dies Kanonische Recht unterschied zwischen beseelter und unbeseelter Frucht, wobei es die Beseitigung der unbelebten im allgemeinen duldete, die Beseitigung der belebten aber als Menschenmord verwarf. Diese Auffassung des Kanonischen Rechtes beruht nicht auf der Bibel, sondern auf einer fehlerhaften Wiedergabe einer Stelle des zweiten Buches Moses in der ersten griechischen Bibelübersetzung, der Septuaginta. Der Fehler, der den richtigen Sinn des hebräischen Rechts verfälscht, wurde von den Kirchenvätern übernommen und entsprechend der Auffassung der Bibel als Gesetz dogmatisch ausgebaut. Das haben Ehinger und Kimmig in eingehenden rechtshistorischen Untersuchungen nachgewiesen. In Wirklichkeit war der Bibel sowohl die Auffassung, daß die Frucht in einem bestimmten Abschnitt der Schwangerschaft beseelt werde, wie die Forderung, daß die Abtreibung der belebten Frucht Mord sei, völlig fremd. Die Kirche hat auch bereits frühzeitig erkannt, daß der Prozeß der Menschwerdung in Wirklichkeit mit der Befruchtung anfängt und in allmählicher Entwicklung bis zur Geburt fortschreitet, so daß vom Standpunkt der Naturwissenschaft nicht gesagt werden kann, die Frucht lebe an einem Tage der Schwangerschaftsperiode mehr als an einem anderen.
Als aber Papst Sixtus V. im Jahre 1588 den Unterschied zwischen beseelter und unbeseelter Frucht beseitigte, erkannte ihn sein Nachfolger, Gregor XIV., nach wenigen Jahren wieder an, mit der Begründung, die Kirche dürfe denen, die an ihr Herz zurück wollten, den Weg nicht allzu schwer machen. Erst in der Neuzeit hat sich die Kirche dazu durchgerungen, von dieser allzu offenkundig falschen Theorie abzugehen und an ihre Stelle die Anschauung zu setzen, daß die Frucht bereits im Moment der Zeugung beseelt wäre.
In der Gegenwart gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder man identifiziert das Leben der Frucht mit dem menschlichen Leben, dann ist es vielleicht konsequent, die Bestrafung der Abtreibung als Mord zu fordern. Aber weder die Kirche noch die von der Kirche ausgehende Strafgesetzregelung war so konsequent, Auch das RStGB. bestraft die Abtreibung bedeutend milder als den Mord. Oder aber, man stellt sich auf den Standpunkt, daß zwischen dem Leben der Frucht und dem menschlichen Leben ein grundsätzlicher Unterschied sei, daß der Embryo nicht Mensch sei, daß selbst das tierische Leben dem menschlichen eher ähnlich ist, als das der Frucht. Dann muß man auch darauf verzichten, der Frucht die Fähigkeit zuzuerkennen, Träger eines »Rechtes auf Leben« zu sein, und die Abtreibung kann wegen einer Gefährdung der Rechte der Frucht nicht bestraft werden. Sehr richtig sagt der Jurist Dr. Philipp Löwenfeld in einer Studie über die Abtreibung, die in der »Neuen Generation« Heft 3/4, 1921, erschien: »So gewiß die Gleichstellung des rein vegetativen Lebens der Frucht mit dem menschlichen Leben heute nur als tendenziöse Fiktion bezeichnet werden kann, so gewiß ist es außerhalb des Gebietes des Abtreibungsrechtes niemals jemandem eingefallen, die Frucht zur Trägerin subjektiver Rechte machen zu wollen. Das gesamte positive Recht steht vielmehr auf dem Standpunkt, daß die Rechtsfähigkeit des Menschen erst mit der Vollendung der Geburt beginnt.«
Dieser kurze rechtshistorische Rückblick ist vielleicht ausreichend, um völlige Klarheit darüber zu geben, daß der Einwand, die Abtreibung sei völlig gleichbedeutend mit einem Vergehen gegen das Leben, in der Tat unzutreffend ist. Wir wollen aber auch noch auf eine Tatsache verweisen, welche die Gegenstandslosigkeit dieses schein-sittlichen Einwände s am schlagendsten dartut und auch den entschiedensten Kämpfer für die Heiligkeit des Menschenlebens beruhigen kann:
Woran mag es liegen, daß nahezu ausnahmslos alle diejenigen, die ein noch nicht existierendes Etwas, einen unbewußten, sich bildenden Keim, der auch rein biologisch sich noch auf der Stufe irgendeines tierischen Wesens befindet, als ein unantastbares heiliges Menschenleben anzusehen vorgeben, dessen Beseitigung »Mord« sei, – daß dieselben zartbesaiteten Gewissen zugleich zu der Kategorie gehören, denen die Tötung von Hunderttausenden und Millionen erwachsener, gesunder, bewußter, schuldloser Menschen im Kriege nicht den mindesten Skrupel verursacht hat?? Die im Gegenteil mit kaltem Blut und ungerührten Herzen 12 Millionen Menschen im Weltkrieg hinschlachten ließen, die bei allen »Siegesnachrichten«, d.h. bei der Nachricht von der grausamen und entsetzlichen Verstümmelung und Ermordung von Hunderttausenden von Menschen und zugleich der Zerstörung des Glücks einer noch größeren Anzahl von Angehörigen dieser Ermordeten, von hilfsbedürftigen Frauen und Kindern, jubelten – wenn es nur Bewohner anderer Länder waren! Und die nun – groteskerweise – die Beseitigung eines unbewußten Keimes als Todsünde brandmarken und geahndet wissen wollen! (…)
Und was soll man ferner von Professor Winkel in München sagen, der auf die furchtbare Idee, den grausamen Vorschlag kam, alle an einer Frühgeburt leidenden Frauen einer polizeiärztlichen Untersuchung zu unterwerfen?! Was wirklich für die Frau als Geschlecht eine Art von »Stellung unter Polizeiaufsicht für die ganze Zeit ihrer Fortpflanzungsfähigkeit« bedeuten würde, wie Dr. med. Max Hirsch es richtig charakterisiert hat. Wenn nach der Meinung des Frauenarztes Hegar auf 8 bis 10 Geburten eine Unterbrechung kommt, oder gar nach andrer Auffassung auf 5 bis 6, so würden wir bei zwei Millionen Geburten in Deutschland jährlich 200000 Frühgeburten haben. Die Phantasie reicht nicht aus, sich das Heer von Polizeiärzten und die Menge von Untersuchungsämtern vorzustellen, die zur Ausführung eines solchen Projektes nötig wären! Oder was sagt man zu dem Vorschlag von Geheimrat Bornträger: bei jedem Verdacht einer freiwilligen Unterbrechung der Schwangerschaft solle den Frauen die Krankenkassenunterstützung entzogen werden? – wohlgemerkt, bei dem bloßen Verdacht, der so ungeheuer schwer bestreitbar ist -nicht etwa erst, nachdem der Verdacht ausreichend bewiesen wäre!
Als vor kurzem in der Schweiz, in Basel und Bern, ein Antrag auf Straffreiheit der Abtreibung in den ersten drei Monaten, wenn sie von einem Arzt vorgenommen ist, angenommen wurde, gelang es dem Betreiben der Ärzte, bei der zweiten Lesung ihn wieder zu Fall zu bringen. Auch wir haben ähnliches zu besorgen und müssen darum den Argumentationen von ärztlicher Seite besondere Beachtung schenken. Soweit sich die gegnerischen Ärzte auf ärztliche Argumente beschränken, wird man sie mit der Aufmerksamkeit anhören, die jeder Sachkundige auf seinem Gebiet beanspruchen kann. Der Behauptung freilich, daß eine Unterbrechung nie ohne Gefahr sei, hat Recht kürzlich ein Berliner Arzt, Dr. Lothar Wolf, in der »Ärzte-Korrespondenz«, die Erwägung entgegengestellt, daß bei allen schwerkranken Schwangeren auch vom ärztlichen Standpunkt die kunstgerechte Abtreibung der Geburt vorgezogen wird. Es sei daher nicht wahrscheinlich, daß dies Verhältnis sich bei Gesunden plötzlich umkehren sollte. Nach den Veröffentlichungen der Königsberger Universitätsklinik betrug die Geburtensterblichkeit bei kerngesunden Frauen in Ostpreußen 0,4%, während bei 53 sonst unrettbar dem Tode verfallen gewesenen schwerkranken Frauen nach kunstgerechter Abtreibung kein einziger Todesfall vorgekommen ist. Die an gesunden Frauen aus sozialer Indikation kunstgerecht vorgenommene Abtreibung könne also nicht gefährlicher sein als die normale Geburt.
Heute, wo die Unterbrechung doch geübt wird, aber dafür in den Händen von Kurpfuschern und Hebammen liegt, ist die Gefahr für die Frau jedenfalls bedeutend größer. Wenn aber ferner gar politische Argumentationen die Hauptursache der »ärztlichen« Gegenerschaft bilden, dann muß mit aller Klarheit und Energie die völlige Unzuständigkeit und Subjektivität dieser Argumente entblößt werden. So haben vor einiger Zeit in Halle drei angesehene Ärzte, der Physiologe Geheimrat Abderhalden, der Psychiater Geheimrat Anton und der Gynäkologe Geheimrat Sellheim öffentlich gegen eine Reform der §§218/219 des Strafrechts Stellung genommen und bedauerlicherweise nicht unterlassen, Andersdenkende als Landesverräter, als »Helfer unserer Feinde« zu denunzieren.
Ähnlich gehen die Bremer Ärzte vor, die dem Volksbund »Rettet die Ehre« angehören, und eine Denkschrift von Dr. med. Georg Hartwich, Verfasser der Broschüre »Deutschlands größte Gefahr«, unterzeichneten. Es gelte, sich durch zahlreiche Geburten auf den nächsten Krieg vorzubereiten. (…)
Wenn 15 Millionen Menschen in Deutschland zugrunde gehen müssen, wie Clemenceau und der Alldeutsche Gruber meinen, dann scheint es barmherziger und sittlicher – und mehr im Sinne des Mutterschutzes und der Menschenökonomie, die heute notwendiger ist als je – daß diese 15 Millionen erst gar nicht geboren werden. Hier handelt es sich darum, sich einer subtileren, differenzierten Sittlichkeit anzupassen und die gesamten Umstände, unter denen ein neues Wesen geboren werden soll, in Betracht zu ziehen. Wenn dieser Paragraph, der ein werdendes Leben seiner eigenen Mutter gegenüber schützen soll, fällt, – erst dann, wenn jeder Zwang behoben ist, wenn jede Schwangerschaftsunterbrechung in Freiheit und unter eigener Verantwortlichkeit geschieht, erst dann kann sich das mütterliche Verantwortlichkeitsgefühl ganz entwickeln. Wir können deshalb gerade vom Standpunkt der Mutterschutzbewegung aus den Gesetzgebern nur ans Herz legen, jene Paragraphen zu beseitigen, die ja ohnehin nur die Ärmsten der Armen mit voller Schärfe treffen.
Auch diejenigen, denen die Abschaffung dieser Paragraphen zu weitgehend erscheint, werden nicht leugnen können, daß gerade diese Paragraphen in ihrer unheilvollen Wirkung sich vor allem gegen die niederen, besitzlosen Schichten richten. Sie schaffen Klassenfeindschaft – müssen sie schaffen – und tragen so auch zur inneren Verbitterung und Zerklüftung bei. (…)
Und darum scheint mir in keinem Zeitpunkt, wie in diesem Augenblick, es so überaus notwendig, unsere alten, seit fast zwanzig Jahren gestellten Forderungen dringender als je zu erheben!
1. Der Bund für Mutterschutz fordert die Einrichtung staatlicher Sexualberatungsstellen, in denen Männer und Frauen -wenn nötig unentgeltlichen – Rat in allen Fragen der Gesundheitspflege und der Erzeugung eines an Körper und Geist tüchtigen Nachwuchses finden können.
2. Wir fordern die großzügige Ausgestaltung der sozialen Gesetzgebung, insbesondere der Mutterschaftsfürsorge mit dem Ziel, die Mutterschaft der Frau durch Zahlung des vollen Lohnes zwei Monate vor und zwei Monate nach der Geburt zu schützen, durch den weiteren Ausbau der Schwangerenfürsorge das keimende Leben zu schützen und durch hinreichende Säuglings- und Kleinkinderfürsorge das geborene Leben zu erhalten. Die restlose Freigabe des Verkehrs mit empfängnisverhütenden Mitteln sowie die grundsätzliche Straffreierklärung der Unterbrechung der Schwangerschaft – zumindest bis zum Beginn des sechsten Monats – sind notwendig, um das Elend des bestehenden Zustandes zu beseitigen. Die Unterbrechung dar nur auf den Wunsch der Schwangeren und nur von einem Arzt, der den Nachweis genügender spezieller Schulung erbringt, vorgenommen werden.
3. Wir halten in Anbetracht der Dringlichkeit der vorhandenen Notstände es für geboten, daß ein Volksbegehren zu dieser Frage unverzüglich in die Wege geleitet wird.
Wir fordern von sämtlichen Fraktionen des Reichstages, daß sie den zur Aufhebung der §§ 218/219 eingebrachten Anträgen der Arbeiterparteien, des Bundes für Mutterschutz, der Republikanischen Partei usw. alsbald zustimmen. Wir verlangen ferner vom neuen Reichstag sofortige Amnestie für Schwangere, die auf Grund der §§218/219 verurteilt worden sind. Von der Straffreiheit sind Verstöße gegen den §219 BGB. ausgenommen, soweit die Tat unter Ausbeutung der Unerfahrenheit oder Not und in gewinnsüchtiger Absicht geschehen ist.
Nicht veraltete Strafgesetze können uns helfen. Nur mit den positiven Mitteln einer aufbauenden Bevölkerungspolitik und Rassenhygiene von seiten der Gesellschaft wie einer Vertiefung des Verantwortlichkeitsbewußtseins beim Einzelnen können wir die schweren Gefahren überwinden, die heute unser Volksleben durch Elend und Not auf der einen Seite, durch rückständige Gesetze auf der anderen Seite bedrohen!
Jeder Einzelne muß lernen, es als Pflicht zu empfinden, sich mit Nietzsche zu fragen: Bist du ein Mensch, der ein Kind sich wünschen darf. Nur so wird jene »Religion der Zukunft« sich verwirklichen, von der Galton und Nietzsche träumen: die Lehre vom Glücklichgeborenwerden, die vielleicht mehr als jede andere geeignet ist, eine bessere Welt, eine gesunde, frohe und glückliche Menschheit zu schaffen.
(Textauszug aus: Stöcker, Helene (1924): Fort mit der Abtreibungsstrafe! – In: Frauen und Sexualmoral. – Janssen-Jurreit, Marielouise [Hrsg.]. Frankfurt/M. : Fischer-Taschenbuch-Verl., 1986, S. 239 – 247)